Als ich anfing, mich eingehender mit den Themen “Diversity, Equity und Inclusion (kurz: DEI)” zu beschäftigen, habe ich zunächst gelernt, was das alles nicht meint. Diversität ist keine momentane Laune der Gesellschaft. Und auch kein Trend, der wie eine Welle kurz hochlebt und dann wieder verebbt. Equity heißt nicht einfach Gleichheit, so wie man ein Kuchen in gleich große Stücke aufteilen kann. Und Inklusion, Teilhabe, bezieht sich nicht nur auf Menschen mit Behinderung.

Während meiner Recherche traf ich auf viele Menschen, die sich diesen Themen über ihre Gegenteile nähern. Die sich in die ausgegrenzte Position hineinversetzen. Welche Gefühle löst es aus, in einem Team mit ausschließlich weißen Männern zu sein? Wie fühlt es sich an, nicht die gleichen Voraussetzungen zu haben, um ein Ziel zu erreichen, eine Stimme zu haben, die weniger Wert ist oder gar nicht gehört wird? Wie ist es, aufgrund bestimmter körperlicher Merkmale benachteiligt zu sein?

Design als Hebel für Veränderung

Und immer wieder las ich von dem Hebel, der so viel verändern könnte, dem Auslöser einer möglichen Kettenreaktion: Design. Denn Designer:innen und die gesamte Designbranche haben die Power, Dinge von Grund auf anders zu gestalten. Was wir dafür tun müssen? Ein stärkeres Bewusstsein schaffen. Die Branche und uns selbst verändern. Und anfangen. Heute.

Denn ja, ein:e Designer:in kann großen Einfluss haben. Aber: Wenn dieser Designer männlich, weiß und heterosexuell ist, hat er im Laufe seines Lebens zahlreiche Filter aufgebaut, durch die alles, was er hört, sieht oder fühlt, verarbeitet wird. Die Annahme, dass ein:e Designer:in sich in jeden Menschen hineindenken kann und somit, jeder für jeden designen kann, würde bedeuten, dass Designer:innen eine besondere Fähigkeit hätten, eine andere Person objektiv zu verstehen – und das ist (leider) nicht so. Und mal ehrlich: Wie viele Frauen fühlen sich täglich von einem Mann nicht oder falsch verstanden? Wieso sollte ein männlicher Designer dann die Bedürfnisse und Ansprüche einer Frau verstehen? Und wie viel schwieriger ist es, wenn der Designer versuchen muss, sich nicht nur in einen Menschen mit anderem Geschlecht, sondern einer anderen Hautfarbe, mit einer anderen sexuellen Orientierung oder einem anderen sozioökonomischen Status hineinzudenken?

Eine Branche, die von weißen Männern dominiert wird

Genau das ist aber die Realität in der Designbranche. Eine Branche, die immer noch von weißen Männern dominiert wird. Denn trotz der Fortschritte in den letzten 20 Jahren hat eine Umfrage im Jahr 2019 (Quelle: Designcensus) unter fast 10.000 Designschaffenden ergeben, dass 71% der Designer:innen weiß sind. Die geringen Anteile der asiatischen (9%), latinx (8%) und afroamerikanischen (3%) Designschaffenden sind zudem seit der letzten Umfrage im Jahr 2016 beinahe unverändert. Hinzukommt, dass zwar 61% der Befragten sich als weiblich identifizieren, die Männer aber zum größten Teil die Führungs- und Entscheidungsrollen innehaben. Nur 29% der als Art-Director-Beschäftigten sind weiblich. Und je höher man auf der Karriereleiter schaut, desto schneller verkleinert sich dieser Anteil. Eine weitere wichtige Kennzahl: Nur 15% der Befragten gab an, sich als LGBTQIA+ zu identifizieren.

Zurück zur Frage: Wie soll eine Branche, die so zusammengesetzt ist, Designs entwickeln, die Diversität, Equity und Inclusion widerspiegeln? Und wie soll eine Branche, die so zusammengesetzt ist, einen Anstoß geben und Vorreiter sein?‍

Vorbild werden

In dem sie mit sich selbst anfängt und zum Vorbild wird. Denn Diversität ist unter anderem der schlichte Wunsch, die Realität der Unterschiedlichkeit abzubilden. Und so die Wahrnehmung und das Verhalten zu verändern. Alle Menschen mit ihren unterschiedlichen Hautfarben, ethnischer Zugehörigkeit, sozioökonomischen Status, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter, Bildungsgrad usw., zu involvieren und inkludieren, zu repräsentieren und insbesondere marginalisierte Gruppen sichtbar zu machen. Wir als Designer:innen müssen in unserer Branche ein Gleichgewicht zwischen marginalisierten und marginalisierenden Personen schaffen. Wir müssen ein stärkeres Bewusstsein, Platz und Sichtbarkeit für diverse Personen und Themen schaffen. Denn Diversität ist sicher kein Trend, weil die Menschen, die sie betrifft, keiner sind (Quelle: a3kultur).

Inklusion ist ein riesiges Versprechen – so riesig wie die menschliche Vielfalt – und genau das macht sie zu einer großen Design-Herausforderung.

Und dann müssen wir für Equity sorgen. Im Gegensatz zu Equality (Gleichheit) geht es hier darum, auf gerechte Teilhabe zu achten. Wir müssen über die Barrieren sprechen, die dazu führen, dass wir eben nicht alle dieselben Voraussetzungen, nicht den gleichen Startpunkt haben, um ans Ziel zu kommen. Genauso wie Inklusion ein ständiges Thema sein sollte. Ziel: Jeder Mensch gehört ganz natürlich dazu. Aussehen, Sprache, Behinderung spielen keine Rolle. Weil für alle alles möglich sein sollte und weil, wenn jeder dazu gehört, verschieden sein normal ist (Quelle: Aktion Mensch. Ihr solltet auch lesen, wie meine Kollegin Sarah die Begriffe und die Auswirkungen der DEI auf die Innovation einordnet (hier).

Wie fängt man an?

Es gibt viele Tipps, wie und womit man anfangen kann. Ich als Individuum, kann zum Beispiel darauf achten, Ideen, die ganz anders als meine sind, nicht direkt abzulehnen. Und die Stärken darin zu sehen oder bei Einladungen zu Meetings, Brainstormings etc., dafür sorgen, dass die Gruppe divers ist.

Ein Unternehmen kann beispielsweise klare Ziele und eine Vision von Diversität formulieren. Beim Recruiting verstärkt auf möglicherweise vorhandene Voreingenommenheit achten und alle Kollegen in das Thema involvieren. Und auch jedes Design-Projekt sollte als Chance verstanden werden, neu zu bestimmen, was “normal” oder die Norm ist. Die Möglichkeit Geschlechter-Stereotypen neu zu definieren und zu designen, sollte genutzt und gleichzeitig barrierefreie Erlebnisse geschaffen werden, die für mehr unterschiedlich befähigte Benutzer:innen funktionieren. Bei jedem Schritt des Designprozesses sollte man an die Vermeidung von Vorurteilen denken. Und sich in die Lage der „nicht-Norm-konformen“ Menschen versetzt werden (ein Post-It auf dem Schreibtisch könnte da schon helfen). (Quelle: uxdesign). Zudem sollten Methoden, wie Inclusive Design, Universal Design und Accessibility immer wieder angesprochen und angewandt werden. Und gleichzeitig die Skills in diesen Bereichen erweitert, verbessert und weitergegeben werden.

Die Antworten liegen also auf der Hand. Wir brauchen diversere Design-Teams. Und wir müssen das Bewusstsein stärken, dass wir ohne ein vielfältiges Team nicht für unsere vielfältige Welt designen können. Dafür müssen wir jede Stimme hören und im Zweifel Stimmen von Minderheiten höher gewichten. Dafür müssen wir Personen aus marginalisierten Gruppen als Expert:innen heranziehen. Und am besten geben genau die weißen Männer, die diese Branche dominieren, den Anstoß zu all dem. Dann wird Design den Unterschied machen.

Es sind zwei weitere Artikel zum Thema DEI auf unserem Blog erschienen.

Lest hier welchen Einfluss DEI auf Innovation hat und hier wie DEI mit Inclusive Design praktiziert werden kann.

Weitere Quellen:

http://www.designforequity.org/glossary.html

https://www.stonesoupcreative.com/designing-with-an-awareness-of-diversity-equity-and-inclusion-dei/

https://www.ibisworld.com/de/branchenreporte/designwirtschaft/494/

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