Tut mir einen Gefallen und versucht euch mit geschlossenen Augen einen Kaffee zu machen. Sei es in der heimischen Küche oder im Büro. Ich möchte wetten, dass die Mehrheit bei Instantpulver und Wasserkocher endet. Denn moderne Displays geben keinen sensorischen Hinweis auf ihre Bedienung. Alle leuchtenden Knöpfe meiner Nespresso sind identisch geformt und die super-stylischen Siebträgermaschinen aus Italien sind ein einziges Verletzungsrisiko. Und genau das ist exklusives Design.

Ich unterstelle keinem Designer oder keine Industrie hier böse Absichten, aber selbst ein Reddit-Feed aus dem letzten Jahr blieb trotz hoher Resonanz ergebnisoffen. Es scheint keine Kaffeemaschine für den visuell eingeschränkten Kaffee-Gourmet zu geben. Warum eigentlich nicht? Höchstwahrscheinlich sind wir nicht ausreichend sensibilisiert für die Fragestellung. Vielleicht konzentrieren wir uns auch nur zu sehr auf den Mainstream und vernachlässigen dabei Zielgruppen mit großem Potential. Aber ist das eine gute Idee angesichts einer alternden Bevölkerung und einem breiten Konsens, dass Ungleichheit Ungerechtigkeit bedeutet und als solche nicht von einer aufgeklärten Gesellschaft toleriert werden darf?

Höchste Zeit also, dass wir uns als Innovatoren und Designer mehr, erneut und immer wieder mit dem Thema Inclusive oder Universal Design beschäftigen.

Was heißt inklusiv?

Inklusiv ist, was nicht ausschließt. Ein Touchscreen ohne haptische Rückmeldung oder Voice Over ist exklusiv. Ein Raum im obersten Stockwerk ohne Aufzug ist exklusiv. Ein Aufzug auf Bahnsteigen mit Leitsystem, visuellen und akustischen sowie haptischen Bedienelementen einer entsprechenden Dimensionierung und Barrierefreiheit ist inklusiv. Dieses Serviceprodukt schließt weder Blinde, Rollstuhlfahrer, Personen mit Gepäck und/oder Kinderwagen, noch Nicht-Literarisierte oder Menschen mit anderen Formen von Einschränkungen oder besonderen Bedürfnissen aus.

Auch in der digitalen Welt gibt es inklusive User Experiences – vielleicht sogar mehr als analog. Gut strukturierte Webseiten kann man sich vorlesen lassen, Informationen in einfacher Sprache werden von fast jeder Behörde zur Verfügung gestellt und Braille-Tastaturen und -Displays erleichtern den Zugang zu digitalen Angeboten. Selbst iPhones verfügen über zahlreiche Bedienhilfen, um die Nutzung für alle zu ermöglichen ungeachtet ihrer Einschränkungen. Und hier sieht man auch, dass Inklusivität ungeahnte Vorteile für den Mainstream bringt. Betrachtet man allein die Lichtsignal- oder Virbationsfunktion bei eingehenden Nachrichten: Mindestanforderung für schlecht hörende Menschen und mittlerweile unverzichtbares Understatement für den vielbeschäftigten Büro-Menschen. Mann/Frau sieht oder fühlt eine Nachricht ohne die Umgebung zu belästigen.

Haben Girma weißt in ihren Talks genau darauf hin: Inklusivität ist nicht nur das Gegenteil von Exklusivität sondern ein Mehrwert für alle Menschen sowie Institutionen und Gesellschaften.

“Inclusive Design means better Design for all“

Fasst das britische Civil Service Design Team folgerichtig zusammen. Und veröffentlicht im selben Atemzug eine Posterreihe zum Thema, die erste und leicht verständliche Handreichungen für den engagierten Designer bieten.

Design for Accessibility

Barrierefreies Design ist für Behörden und staatliche Institutionen mittlerweile eine Selbstverständlichkeit (und Auftrag), wenn auch die Umsetzung manchmal Wünsche offenlässt. Umbauten sind langwierig und kostenintensiv, Programmierungen brauchen etwas länger – noch ist nicht alles perfekt, aber die Richtung ist klar. Barrierefreiheit bedeutet Teilhabe.

Übrigens auch Teilhabe am Konsum, was wiederum die Privatwirtschaft anspornen sollte, Barrierefreiheit als ein Attribut zu verstehen und integratives Design als Methode einzusetzen.

Warum spielt dann Inklusivität trotzdem kaum eine Rolle im Designalltag?

Um ehrlich zu sein, ist das eine Frage der Lobby und der zahlenmäßigen Überlegenheit des Mainstreams. Ich habe noch nie eine Buyer Persona mit Handicap vorliegen gehabt und so geht es wahrscheinlich vielen Designern. Es wird Zeit unseren Blick zu schulen – nicht nur aus Rücksicht sondern aus dem Bedürfnis heraus, ein besseres Design für alle zu schaffen.

Weiterführende Links zum Thema:

Civil Service Design Team about Accessible Design (s. Poster)
The Inclusive Design Tool Kit
Another Inclusive Design Tool Kit
Cooper Hewitt Museum “Design Access”
Guidance from the Interaction Design Foundation
Reasonable priced online course from the Interaction Design Foundation (hold regularly)
Business Disability Forum (s. Grafik)

Stefanie Wibbeke

Stefanie Wibbeke

Marketing & Communications

Stefanie leitet unser Kommunikations- und Content-Team. Als Wahlhamburgerin glaubt sie an Multi-Channel-Experiences und Häkeln.

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