Die Zirkularität nimmt ab, nicht zu. Die weltweite Zirkularität ist seit 2018 um 2 Prozent gesunken und liegt jetzt bei 7,2 %. In den letzten vier Jahren hat viel Reden und auch Handeln über die zunehmende Zirkularität von Materialströmen leider nicht zu einem Rückgang der weltweiten Verwendung von Neumaterialien geführt. Dies ist die traurige Tatsache, die im Mittelpunkt des Circularity Gap Report 2023 steht. Seit 2020 hat die von Menschen geschaffene Materialität die Gesamtheit der weltweit lebenden Biomasse überschritten, und der aktuelle Kurs der Neuextraktion von Materialien als Grundlage einer Linear Economy geht weiterhin in die falsche Richtung. Der Circularity Gap-Bericht 2023 fasst treffend zusammen, dass eine Circular Economy diesen Kurs korrigieren und die weltweite Materialextraktion und -verwendung um ein Drittel reduzieren kann.

Wir werden Hand in Hand arbeiten müssen.

Die Botschaft zur Lösung des Problems ist klar: Kollaboration. Unternehmen und Politik müssen Hand in Hand arbeiten. Für solche Kollaborationen bieten Visionen einen gemeinsamen Fokus für Unternehmen und politische Entscheidungstragende. Hierfür bietet der Circularity Gap Report 2023 drei Prinzipien an: Reduzieren, Regenerieren und Umverteilen. Wenn es um Business und das „Reduce“-Prinzip geht, ist dies eine Herausforderung für viele Unternehmenslenkende. Denn die Reduzierung des Gesamtmaterialverbrauchs auf Produktebene bedeutet eine Reduzierung des Gesamtkonsums. Und hier liegt die Innovationsherausforderung: Wie kann man Geschäfte machen, um Kund:innen mehr Wert pro ‚Materialeinheit‘ zu bieten? Um dieser Herausforderung zu begegnen, können Produktinnovationen für eine Circular Economy nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist Geschäftsmodellinnovation untrennbar mit Produkt- und Dienstleistungsinnovationen verbunden, die ihren materiellen Fußabdruck um mindestens ein Drittel reduzieren, wie im Report gefordert. Ein Umdenken der Business Leaders ist erforderlich, um über den Business Case auf Produktebene hinauszudenken: Nur dann kann eine Veränderung des gesamten Materialverbrauchs erreicht werden. Diese Verschiebung (English: ‚Shift‘] auf mehreren Ebenen – also Denkweise, Geschäftsmodell etc. – wird hervorragend darin erfasst, wie der Circularity Gap Report 2023 die Länder mit dem höchsten Einkommen der Welt nennt, die einen hohen Lebensstandard bieten, aber die meisten Materialien der Welt verbrauchen und als Ergebnis fast alle planetaren Grenzen überschreiten. Der Report nennt diese Länder Shift-Länder.

Es braucht ein Umdenken: Vom Linearen zur Zirkularität.

Ein Shift muss schnell stattfinden. Denkweisen, Geschäftsmodelle sowie Materialversorgungs- und -verbrauchssysteme müssen durchbrochen werden, um das Potenzial der Circular Economy auszuschöpfen, um die weltweite Neuextraktion von Materialien und Materialnutzung um ein Drittel zu reduzieren. Was im Circularity Gap Report 2023 wirklich gefordert wird, ist der Shift von einer Linear Economy zu einer Circular Economy durch zirkuläre Disruption. Beispiele von Unternehmen und politischen Entscheidungstragenden, die sich für eine nachhaltige Zirkularität in Ländern des Wandels einsetzen und so den Status Quo ändern. Beispiele finden sich auf den Seiten 55 und 56 des Circularity Gap Report 2023 oder auch beispielsweise im von der EU geförderten Projekt Circular X. Wie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und politischen Entscheidungstragenden zu einem systemischen Wandel für die Zirkularität beitragen kann, wurde noch nicht auf Systemebene erschlossen. Ich war Teil einer Gruppe, die hierfür ein Konzept erstellt haben. Darüber, wie wir eine solche systemische zirkuläre Disruption verwirklichen können und wie wir wissen, ob sie stattfindet. Es ist sehr ermutigend, dass wir aufzeigen konnten, wie die Modeindustrie sich mitten in einer zirkulären Disruption zu befinden scheint. Solche positiven Beispiele braucht es, um der Forderung nach Reduzierung des weltweiten Materialverbrauchs gerecht zu werden. Nur mit Beispielen für bahnbrechende Initiativen werden Entscheidungstragende von Mainstream-Unternehmen in Shift-Ländern für die Herausforderungen der Materialgewinnung und -nutzung zu begeistern sein. Dementsprechend: Viel Spaß beim Studium der Beispiele in den Shift-Länderbeispielen im Circularity Gap Report 2023 und anderswo – und hoffentlich beim Sammeln von Inspiration für eigene bahnbrechende Kollaborationen!

Dr. Ilka Weissbrod

Sustainable Circularity

Ilkas oberstes Ziel ist es, Entscheidungstragende in Unternehmen zu befähigen, mit der Kombination von Nachhaltigkeitsmanagementstrategien bessere soziale, ökologische und wirtschaftliche Ergebnisse erzielen zu können.

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