Von Zufall spricht man, wenn man für ein Ereignis keine ursächliche Erklärung finden kann. Von Vorsehung spricht man, wenn etwas dem (zumeist) göttlichen Plan zu entsprechen scheint. Innovation ist je nach Blickwinkel das eine oder andere. Im besten Fall gratuliert man sich im Nachhinein, dass der Plan aufgegangen ist, dass man die richtigen Personen auf das Projekt angesetzt hat oder (er)findet kausale Erklärungen für das Gelingen oder Scheitern eines Innovationsvorhabens. Doch welche Rolle spielt der Zufall, das Quäntchen Glück, das die eine Innovation einschlagen lässt wie eine Bombe und das andere Projekt zum Rohrkrepierer werden lässt?

Lässt sich das Unbekannte planen?

Antworten auf diese Frage wollten wir mit unseren zwei Innovationsexperten und dem interessierten Publikum am Montagmorgen finden. Dipl.-Ing., Dipl.-Ing-Wirtsch. Volkmar Döricht und Prof. Dr. Ulf Pillkahn verfügen beide über langjährige Erfahrung im Bereich Innovationsmanagement – und das nicht nur bei Siemens, was ihr gemeinsamer Nenner ist. Sie haben beide Ideen aufblühen und/oder scheitern sehen aus ihrer Meinung nach ganz unterschiedlichen Gründen. Mit ihren Impulsvorträgen setzten sie Akzente, die wir in der anschließenden Diskussion und beim gemeinsamen Frühstück vertieften.


Ist das urdeutsche Verlangen nach Systematik der sichere Weg? Und welche Rolle spielt eigentlich der Zufall? Diesen Fragen begegneten Dr. Ulf Pillkahn, Professor für Innovations- und Technologiemanagement von der FOM München, sowie Volkmar Döricht, Experte für Strategic Visioning und Foresighting innerhalb der Corporate Technology bei Siemens, mit äußerst unterschiedlichen Meinungen. Und wurden nach ihren Vorträgen mit Fragen vom Publikum bestürmt!

Volkmar Döricht bediente dabei das, was von Professor Pillkahn als ‚typisch deutsch’ tituliert wurde: nämlich das systematische Innovieren, das einem Prozess folgt, das außerdem Wissen und Vorkenntnisse als Basis bedingt und das (Sesamstraßen-gerecht) ein Problem voraussetzt, das erkannt wurde und das nun nach einer Lösung verlangt.

Um den Fokus auf die weichen Faktoren ging es dagegen Ulf Pillkahn. Aus seiner Sicht hat Innovation viel mehr mit Emotionen zu tun als mit Fakten und Plänen. Und so sprach er von Visionen, ohne die Innovation gar nicht möglich sein kann. Und davon, dass Neues überhaupt nicht greifbar ist, weil sein Ursprung im Unbekannten zu finden ist und es somit in der Natur der Sache liegt, dass es nicht planbar sein kann.

Vor allem betonte er, wie groß die Rolle des Zufalls bei erfolgreichen Entwicklungen ist und dass diese nur deswegen unterschätzt würde, weil das ‚nichts für Managements ist’ und ‚es niemand zugeben will’. Und das, obwohl es große Beispiele für genau diese Zufälle gibt, bei denen auf der Suche nach A dann letztendlich B entdeckt wurde (allen dürfte die Entdeckung des Penicillins bekannt sein, die auf der verunreinigten Probe einer anderweitigen Forschung basierte).

Was also braucht es auf dem Weg zur Innovation? Laut Ulf Pillkahn geht es um einen gewissen Spürsinn, um die Akzeptanz der sogenannten Unverfügbarkeit (egal wieviel man tut, es gibt keine Erfolgsgarantie) und um Liebe und Anziehungskraft – lauter nicht planbare Faktoren. Volkmar Döricht dagegen stellt unternehmerische Gelegenheiten, Entrepreneurship, kognitive Eigenschaften und Vorkenntnisse in den Mittelpunkt.

Und so stehen sich am Ende ausgefeilte Grafiken zu strategischer Projektplanung, Design-Implementierung, Realisierung & Co sowie ein phantasievolles Sheet mit Cartoons, Witzen und provokativen Denkanstößen gegenüber. Und sorgen für so viele Fragen des Publikums, dass die Redner ihre gebuchten Züge fahren und sich stattdessen bei Café und Croissants von ihren Zuhörern kapern lassen.

Viele Gäste wollten natürlich auch wissen, was wir als Innovationsberater zu den doch sehr widersprüchlichen Aussagen unserer Speaker sagen? Und so stand unser Geschäftsführer Karel Golta dem Publikum ebenfalls Rede und Antwort. Sein Tenor: „Das eine geht gar nicht ohne das andere. Wissen, Prozessplanung, Systematik und die sogenannten weichen Faktoren sind zwei Seiten derselben Münze oder, anders ausgedrückt, wie Ying und Yang. Eine erfolgreiche Innovation entsteht aus kulturellen Gedanken und Hintergründen und braucht dann aber Struktur.“ Neben Emotionen und Wissen sieht er Innovationsfähigkeit als eine Art Muskel, den durchaus viele Mitarbeiter in Unternehmen haben, der aber trainiert werden muss, um die notwendigen Grundfähigkeiten aufzubringen (dieses Training ist übrigens genau das, was unsere Schwesterfirma TOI – Tools of Innovators für Kunden aufsetzt).

Aus Karels Sicht setzen Systeme aber durchaus Qualitätsstandards; es muss nur vermieden werden, dass sie gleichzeitig Starre bedeuten. Deshalb gehört es bei INDEED dazu, dass innerhalb der Innovationsprozesse auch ‚gespielt’ wird. „Bevor wir in definierte Schritte einsteigen, machen wir uns mit offenen Augen und Ohren auf den Weg zu neuen Ideen. Trotzdem fehlt es auch dabei nicht an Struktur. Vielmehr verwenden wir bestimmte Werkzeuge und Methoden, die aber so breit gefächert sind, dass sie uns gestatten, viele Möglichkeiten auszureizen und Schema F förmlich unmöglich machen.“

Am Ende hatte sich jeder Gast seine Meinung gebildet und konnte mit neuen Erkenntnissen in die Woche starten. Unser Dank gilt den tollen Gastredner – für ihre Vorträge und ihren spannenden und humorvollen Austausch untereinander.

Please find the presentation here.

Mehr über die Referenten:

Dipl.-Ing., Dipl.-Ing-Wirtsch. Volkmar Döricht

Volkmar Döricht ist seit 1999 bei der Siemens AG München in verschiedenen Positionen in den Bereichen Technologie- und Innovationsmanagement tätig. Unter dem Titel “Strategic Visioning – Future of Business” veröffentlichte er 2009 einen Ansatz zur systematischen Entwicklung zukünftiger technologischer und wirtschaftlicher Entwicklungen. Er ist einer der führenden Experten für Strategic Visioning und Strategic Foresighting innerhalb der Corporate Technology der Siemens AG.
Volkmar Döricht hat Abschlüsse in Maschinenbau an der Technischen Universität Dresden und in Arbeits- und Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Universität München. Er hält regelmäßig Vorträge auf Konferenzen und ist an vielen nationalen und internationalen Programmen zu unterschiedlichen Zukunftsthemen beteiligt.


Prof. Dr. Ulf Pillkahn

Ulf Pillkahn lehrt und forscht an der FOM in München auf dem Gebiet Innovations- und Technologiemanagement. Wie Entscheidungen unter Unsicherheit fallen, wie Neues entsteht, welche Rolle der Zufall spielt und wie die Zukunft so aussieht sind einige der Themen mit denen er sich beschäftigt und dazu auch publiziert.
Ursprünglich als Ingenieur für Elektrotechnik bei Siemens begonnen, hat er jede Gelegenheit zur Weiterentwicklung genutzt: MBA Studium, Promotion Psychologie (LMU) und Master in Technikphilosophie (TU). Heute berät er Firmen, die innovativer werden wollen oder sich für die Zukunft interessieren. Sein neues Buch ‚Theorie des Neuen’ erscheint Ende 2019.

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Karel Golta

Karel J. Golta

CEO + Founder

Karel, CEO und Gründer von INDEED, ist Schweizer, aber alles andere als neutral. Wenn er nicht gerade mit Kunden „the next big thing“ plant, kann man mit ihm kontrovers über den Wert von Design diskutieren.

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