Innerhalb kürzester Zeit wird in der Politik (überraschend emotional) und aufs Eindringlichste ein Umdenken in Sachen Klimaziel gefordert. Ohne um den heißen Brei herumzureden: CO2-Neutralität erfordert zweifellos neue Verhaltensweisen von Menschen, Wirtschaft und Gesellschaft. Punkt.

Ab heute muss jedes neue Produkt, jede neue Dienstleistung in großen Schritten CO2-neutral oder -negativ werden. Bis zum Jahr 2050 muss unsere Wirtschaft eine Kreislaufwirtschaft sein, in der die Emissionen und der Ressourceneinsatz systemisch regeneriert werden. Dann muss das Pariser Ziel erreicht sein und wir dürfen kein zusätzliches CO2 in die Atmosphäre einspeisen.

DIE CIRCULAR HORIZONS ALS ANTWORT AUF DAS „WIE“.

Um diesen Schritt zu forcieren und die Stufen hin zu einer Kreislaufwirtschaft zu verdeutlichen, hat das Team von INDEED Innovation das Circular Horizon Modell entwickelt, angelehnt an das erprobte 3-Horizonte-Modell:

Drei Handlungshorizonte beschreiben das erforderliche neue Handeln für den Menschen, die Unternehmen und die Gesellschaft, um den notwendigen positiven Impact für den Planeten zu erzielen.

September 2020

Dabei beschreibt die X-Achse „WAS“ getan werden muss und die Y-Achse das „WIE“. Zusätzlich wird John Elkington’s „Triple Bottom Line“ Konzept (TPL) integriert, um die ökonomischen, sozialen und ökologischen Bedürfnisse nachhaltig in Einklang zu bringen. Schließlich gilt es einen lebenswerten Planeten für alle zu gestalten.

HORIZONT 1 | DESIGN FOR EFFICIENCY

Im ersten unserer Circular Horizons gilt es, aktiv die Emissionen und den Energieverbrauch des eigenen Verhaltens sowie eines jeden Produktes bestmöglich zu minimieren.

Für einen einzelnen Menschen bedeutet dies beispielsweise so etwas Einfaches wie die Nutzung von wiederverwendbaren Flaschen anstelle Wasser in Plastikflaschen zu kaufen. Ein Unternehmen kann durch die Verlängerung des Lebenszyklus seiner Produkte, etwa durch deren Reparierbarkeit, die Wahl der Materialien oder die Prozessoptimierung entlang der Wertschöpfungskette einen enorm positiven Einfluss auf den Planeten nehmen.

Auf gesellschaftlicher Ebene muss die Transparenz und somit das Vertrauen in die Maßnahmen stärker institutionalisiert werden. Life Cycle Analysen (LCA) helfen dabei, den Fortschritt quantifizieren zu können und der Falle des Greenwashings zu entgehen.

So wie jeder einzelne Mensch beim privaten Recycling zählt, kann ebenso jeder Manager innerhalb seines Verantwortungsbereiches eigene Entscheidungen treffen und wichtige Weichen bewusst stellen. Wo kommt jedes einzelne Bauteil oder Material her und wo endet es? Wer sich damit ehrlich und systematisch auseinandersetzt, schafft die Grundvoraussetzung, um zur Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) beizutragen.

HORIZON 2 | DESIGN FOR CIRCULARITY

Im 2. Horizont gilt es, den ersten Kreislauf (Loop) zu schaffen. Also eine Aktivität umzusetzen, innerhalb derer eine Ressource immer wieder aufs Neue aufbereitet, erneuert oder beibehalten wird.

Für Menschen und Unternehmen ist der Loop des zweiten Horizonts etwas komplexer. Um einen ersten Kreislauf zu schaffen ist eine Innovation notwendig, die auf einer strukturellen Ebene die tatsächliche Zirkularität befähigt. Für viele Unternehmensmodelle bietet es sich an, Produkte nicht mehr zu verkaufen, sondern als Service zu vermieten. Mehrere, wenn nicht sogar alle Bereiche im Unternehmen müssen hierfür zusammenarbeiten. Somit ist der 2. Horizont auch immer im direkten Einfluss der Führungsebene.

Das Unternehmen Philips hat den besagten Schritt gewagt und so das Circular Lighting erfunden: Der Kunde erhält nicht nur die Lampe und das Leuchtmittel, sondern erhält ein Rundumsorglospaket von der Planung, Installation, über Wartungen bis hin zum Strom aus erneuerbarer Energie. Das Ganze als Lichtmiete, outgesourct an Philip’s Signify; der Kunde zahlt also nicht für eine Leuchte, sondern für Beleuchtung im Gesamtpaket.

Die einzelnen Komponenten des Systems werden dabei immer wieder von neuem verwendet oder repariert. Und sollte doch mal ein Teil das Ende des Lebenszykluses  erreichen, wird es vom Hersteller zurückgenommen und recycelt. Hier profitieren am Ende alle Beteiligten: Der Kunde von einem Rundumsorglospaket und gutem Gewissen, Philips und seine Zulieferer, weil sie Material einsparen und somit die Marge erhöhen, und schlussendlich die Umwelt, denn die Ressourcen bleiben dem System erhalten und landen nicht auf einer Deponie.

Und was ist der Part der Gesellschaft innerhalb des 2. Horizonts? Ein Weg wäre, Abfall nicht mehr ohne Regulierung beispielsweise in außereuropäische Länder zu exportieren. Denn so entledigen wir uns nicht nur billig unserer Verantwortung, sondern auch der Chance, aus Schadstoffen Wertstoffe zu machen.

HORIZON 3 | DESIGN FOR ECOSYSTEM

Im dritten unserer Circular Horizons gilt es, Partner, Zulieferer und Unternehmen zu finden, die ihrerseits schon Loops bilden. Das Ziel: gemeinsam ein erstes Ökosystem von Loops entlang der Wertschöpfungserhaltungskette zu erschließen. Unter systemischer Berücksichtigung der TBL wird dann aus vielen dieser Ökosysteme die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) entstehen.

Um eine solche funktionierende Kreislaufwirtschaft zu etablieren, muss ein jeder Mensch seinen Teil beitragen und sein Verhalten anpassen. Convenience und billige Produkte gehen prinzipiell zu Lasten anderer – auch der Flora und Fauna unseres Planeten. Was dagegen wachsen muss, ist Nachhaltigkeit und der Wohlstand noch völlig unterversorgter globaler Bevölkerungsschichten.

Das Thema „Nachhaltigkeit“ spielt bisher in Kliniken eine eingeschränkte Rolle. Benutzte Materialien werden aus hygienischen Gründen nach dem Gebraucht entsorgt – pro Krankenhausbett kommen so jährlich 2,6 Tonnen, inklusive 300 kg biologisch gefährlicher Abfälle, zustande. Aus diesem Müll gilt es ein zirkulares Loop-Ökosystem zu schaffen:

Gesammelte OP-Produkte können durch klinikeigene Verbrennungsstationen zur Wärme- und Energiegewinnung der Einrichtung genutzt werden. Das dabei entstandene CO2 wird gesammelt per Pipeline zur Weiterverarbeitung an eine Polymer Fabrik übermittelt und dort in einem chemischen Prozess zu Monomeren (Kunstoffbauteilen), und schließlich zu Polymeren weiterverarbeitet. Diese Kunststoffpellets können von jeglicher Industrie weiter genutzt werden, wodurch Ressourcen geschont werden. Im Falle des Krankenhauses, können daraus neue OP-Produkte erzeugt werden.

Kreation eines resilienten Loop-Ökosystems

Zur Umsetzung müssen auch hier Partner und Zulieferer gesucht werden, die sich in ihrem eigenen Ökosystem mit der Wiederverwertung und Aufbereitung von Materialien bereits beschäftigen, eigene Loops erzeugt haben und geeignet für ein resilientes Loop-Ökosystem sind. So kann eine nachhaltige Transformation des Klinikums, und auf langer Sicht der gesamten Klinikinfrastruktur, der Müllverwertung und der Energieerzeugung, geschaffen werden.

WIR ALLE PROFITIEREN VON EINER LEBENSWERTEN ZUKUNFT.

Fassen wir die Circular Horizons zusammen:

  • In der ersten Stufe gilt es, messbar weniger Ressourcen zu verbrauchen.
  • In der zweiten Stufe geht es darum, einen ersten Kreislauf (Loop) zu meistern.
  • Mit der dritten Stufe wird das Wirkungsfeld maximal vergrößert, um gemeinsam ein Ökosystem an Kreisläufen zu schaffen – die Kreislaufwirtschaft, Circular Economy.

Und so geht es darum, in den nächsten 10 bis 20 Jahren Menschen, Unternehmen  und die Gesellschaft weiterhin zu fordern und zu fördern, um das so lebenswichtige Klimaziel gemeinsam zu erreichen. Beispiele aller Horizonte zeigen, dass es kein „Entweder-oder“ zwischen Profitsteigerung von Unternehmen und Erfüllung des Klimaziels ist. Der Einklang zwischen ökonomischen, sozialen und ökologischen Bedürfnissen muss während der bewussten Emissionsreduktion, dem Schaffen von Kreisläufen und dem Erschließen von Loop-Ökosystemen im Fokus stehen. Nur so können wir mithilfe der Handlungshorizonte eine lebenswerte Zukunft für alles Leben auf dem Planeten schaffen.

Den ersten Teil verpasst? Hier ist er.
Direkt den dritten Teil lesen? Einfach hier klicken.

Karel Golta

Karel J. Golta

CEO + Founder

Karel, CEO und Gründer von INDEED, ist Schweizer, aber alles andere als neutral. Wenn er nicht gerade mit Kunden „the next big thing“ plant, kann man mit ihm kontrovers über den Wert von Design diskutieren.

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